Zwischen der Dunkelheit und dem Tag, kurz bevor die Dämmerung anbricht und schon ein
Hauch von Blau in der Luft liegt - das ist der Moment, den Katharine Mehrling besonders
liebt: "Es gibt Gedanken, die man nur sehr spät nachts zulässt, Worte, die man nur nachts
ausspricht, Dinge, die man nur nachts tut. In dieser Zwischenwelt - wo alles passieren kann,
aber nichts muss - fühle ich mich Zuhause.“
Die Sängerin, Songschreiberin und Schauspielerin bewegt sich gerne „Am Rande der
Nacht“, wie auch ihr Album heißt: ein kleines Wunderwerk zwischen Chanson, Jazz und
urbanem Blues. Mit charmanten Leichtigkeit wandert sie durch die unterschiedlichen
musikalischen Genres: mal zart und verletzlich, mal kraftvoll und selbstbewusst. Sie
beschreibt die kleinen und großen Dinge des Lebens, singt von Sinnlichkeit, vom flüchtigen
Glück der Liebe, von zerbrochenen Träumen und der Magie des Augenblicks. Mal eindeutig
zweideutig, mal zwischen den Zeilen, gern selbstironisch, entwaffnend ehrlich und doch
voller Geheimnisse.
Gemeinsam mit dem legendären Klarinettisten Rolf Kühn, der größtenteils die Musik
und die Arrangements für dieses Album schrieb, hat sie „Am Rande der Nacht“ in den
Berliner Hansa Studios aufgenommen und produziert. „Rolf hat mit Größen wie Chet Baker
oder Sarah Vaughan gespielt und jetzt darf ich mit ihm arbeiten. Wow! Seine musikalische
Feinsinnigkeit und meine Geschichten sind nun zu Songs verschmolzen, das empfinde ich als
kostbares Geschenk.“ Rolf Kühn über Katharine: „Immer wieder berührt sie mich mit ihrer
sehr eigenen Art zu interpretieren. Ihr Timbre ist unverkennbar, ihre Stimme geht unter die
Haut.“
Katharine Mehrling ist mit Musik aufgewachsen, schon ihre Mutter nahm deutsche
Chansonplatten auf. „Meine Eltern betrieben eine Musikkneipe, wo jeden Abend eine andere
Band auftrat. Mein Zimmer lag direkt darüber und donnerstags konnte ich nie einschlafen, da
spielte die wildeste Dixielandband im Umkreis von 100 km “ lacht sie. Katharines Weg
führte von der Künstlerfamilie aus dem hessischen Ostheim nach New York auf die
Schauspielschule, zum Theaterdebüt ins Londoner West End bis nach Paris, wo sie, fasziniert
von der Hingabe Edith Piafs an das Leben und die Musik, deren Spuren folgte. Inspiriert vom
Geheimtipp mehr ist, Bühnenrollen wie Sally Bowles, Irma la Douce und eben auch die Piaf.
Dazu begeisterte sie in ihrem Soloprogramm „Bonsoir Katharine“ und sang in dem Tom
Cruise-Film „Operation Walküre“.
Doch dann gab es das Bedürfnis, nicht mehr nur in fremde Charaktere zu schlüpfen
und diese zu interpretieren, sondern ihre eigenen Gefühle und Gedanken auszudrücken. Das
Schreiben von Liedtexten und Melodien ist für sie einer der persönlichsten Momente
überhaupt. „Die meisten Ideen kommen mir bei Nacht. Wenn ich nach einer
Theatervorstellung meine Rolle abstreife, bin ich oft noch lange im nächtlichen Berlin
unterwegs, um mich inspirieren zu lassen.“ Und hiervon erzählt sie nun, in den
Momentaufnahmen auf ihrem Album:
Zum lässigen Swing von „Lecker“ zelebriert sie augenzwinkernd ihre
Verführungskünste - da knistert es voller Spannung. So auch in „Was sie will“, bei dem sich
Katharine zu einem hypnotischen Orchestersound mit der „Widersprüchlichkeit der
Weiblichkeit“ beschäftigt. „Der Makrobiot“ kriegt in einem sexy Bigband-Arrangement
charmant sein Fett weg („Mit deiner Lakto-Allergie eroberst Du mich leider nie“). Dann
wieder singt sie von einer „bittersüßen“ Affäre und dem Ende einer großen Liebe – in „Dir
wirdûs genauso gehn“ und „Vermiss dich gar nicht mehr“ – aber auch von der gelegentlichen
Lust auf Melancholie in der Eigenkomposition „Beschäftigt mit dem Blues“ („Es tut so gut
weh“). Schonungslos und intensiv: ihre Version von „Nantes“. Mit diesem Chanson der
Französin Barbara, das „indirekt auch meine Geschichte ist“, bringt Katharine Mehrling vor
allem ihre Trauer über den frühen Verlust ihrer Eltern zum Ausdruck, gestattet tiefe Einblicke
in ihre Seele. Der Country-Jazz-Walzer „Mondlied“ beschreibt schließlich die nächtliche
Leichtigkeit des Seins – ausatmen, loslassen
Es sind dreizehn kleine Botschaften, von Katharine spätnachts in die Welt
hinausgeschickt: an den Geliebten, an den besten Freund, an den Ex, an den Zweifler und an
die große Liebe, all jenen ins Ohr geflüstert, die noch wach sind oder gerade erwachen. Mit
ihrem Album hat Katharine Mehrling diese ganz gewisse Stimmung eingefangen, die es für
sie wirklich nur dann gibt: „Am Rande der Nacht“.
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